Rechenschwäche (Dyskalkulie)
Eine Rechenstörung oder Rechenschwäche, auch Dyskalkulie genannt, lässt sich relativ eindeutig bestimmen. Man führt einen standardisierten Dyskalkulie Test durch, welcher die Rechenfertigkeiten von Schülern am Ende einer bestimmten Klasse erfasst. Ferner einen Intelligenztest, der die allgemeine intellektuelle, kognitive Begabung des Kindes bestimmt. Besteht nun ein deutlicher Unterschied zwischen dem Rechentest einerseits und dem Intelligenztest andererseits, dann gibt das Ergebnis im Dyskalkulie Test darüber Auskunft, ob eine Rechenstörung oder Rechenschwäche vorliegt. Erzielt das Kind im Rechentest einen Prozentrang kleiner als 15, so spricht man von einer Rechenstörung, ist der Prozentrang kleiner als 24, so spricht man von einer Rechenschwäche. Dabei interessiert auch, wie das Kind zu seinen Rechenergebnissen kommt. Wenn ein Kind beispielsweise viele Aufgaben in einem Rechentest für 2. Klassen mittels Herauf- oder Zurückzählen löst, liegt sicher eine Rechenstörung vor, obwohl das Kind unter Umständen rein quantitativ betrachtet, möglicherweise zu vielen richtigen Ergebnissen gelangt ist.
Eine Rechenschwäche tritt oftmals in Kombination mit ADHS auf
Ungefähr 5% der Schüler weisen eine Rechenstörung auf, wobei ein Drittel dieser Kinder ebenfalls Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS) zeigen. Wesentlich mehr, etwa weitere 15 % der Schüler, weisen ausgeprägte Rechenschwierigkeiten auf.
Welche Auffälligkeiten beim Rechnen deuten auf das Vorliegen einer Rechenstörung hin?
- Oft werden einfache Plus- oder Minusaufgaben im Zahlenraum bis 10 nicht sicher beherrscht. Beispiel: 9-6 wird nicht gekonnt; das Ergebnis wird gefunden, indem das Kind zurückzählt, also 8,7,6,5,4,3. Oft schleicht sich hierbei ein Fehler um Eins ein, wenn das Kind durcheinanderkommt, ob es 9,8,7,6,5,4, dann wäre 4 das richtige Ergebnis oder wie oben zurückzählen soll.
- Analog hierzu werden auch Zehnerübergänge wie 12-5 oder 18+7 durch Herauf- bzw. Zurückzählen gelöst. Die Kinder wenden die Technik des Zahlenzerlegens nicht an, da zuerst bei der Aufgabe 12-5, 12-2, also 10 und dann noch 10-3, also 7, gerechnet werden müsste.
Das Zahlenzerlegen fordert einen gut funktionierenden Arbeitsspeicher, da mehrere Zwischenergebnisse gemerkt, abgespeichert werden müssen. Auch Kinder mit Aufmerksamkeitsschwierigkeiten haben hier Probleme. Durch ein gezieltes Training in einer Therapie kann man jedoch Abhilfe schaffen.
- Unterschiede zwischen den vier Rechenarten, Plus, Minus, Mal oder Geteilt werden nicht verinnerlicht. Unklar bleibt vielen rechenschwachen Kindern, wann es eigentlich geteilt, wann mal rechnen muss, oder was den Unterschied zwischen Plus und Minus ausmacht. Infolgedessen scheitern viele rechenschwache Kinder bei der Lösung von Sachaufgaben.
- Auch kann die Erfassung des quantitativen Unterschiedes zwischen zwei Zahlen wie z.B. 1273 und 7313 Probleme bereiten. Rechenschwache Kinder haben oft nicht verinnerlicht, dass die Ziffer eins auf der Tausenderstelle etwas völlig anderes beinhaltet, als wenn diese auf der Zehnerstelle steht. Auch fehlt oft eine realistische Mengenvorstellung von Hundert, Tausend oder einer Million.
- Weitere Symptome einer Rechenschwäche sind Probleme beim Erlernen der Uhr, Schwierigkeiten im Umgang mit Maßeinheiten von Strecken, Gewichten, etc.
Die richtige Therapie bei einer Dyskalkulie
Eine Therapie der Dyskalkulie basiert auf einer genauen Analyse der Schwierigkeiten. Die Therapie muss dort beginnen, wo Unsicherheiten auftreten und das heißt in vielen Fällen, dass erst die Grundlagen des Rechnens gefestigt werden müssen.
- Beispiel: Wenn Plus- und Minusaufgaben im Zahlenraum bis 10 und das Zahlenzerlegen im Zahlenraum bis 10 vom Kind nicht beherrscht werden fehlen die notwendigen Voraussetzungen für das Erlernen des Zehnerübergangs. Wenn ein Kind nicht sicher die Unterschiede zwischen einer Plus-, Minus-, Mal-, und Geteilt-Sachaufgabe erkennt, fehlt die Voraussetzung für die Problemlösung komplexerer Sachaufgaben.
Wichtig bei einer Therapie der Dyskalkulie sind auch Übungen zum Kopfrechnen, da diese ein Training der Gedächtniskapazität des Arbeitsspeichers beinhalten – und gerade Probleme beim Arbeitsgedächtnis sind bei vielen rechenschwachen Kindern festzustellen.
Welches Übungsmaterial kann man bei einer Rechenschwäche empfehlen?
Um eine Mengenvorstellung beim Kind zu entwickeln, empfiehlt sich die Verwendung von Tausenderwürfeln, Hunderterplatten, Zehnerstangen und Einer Würfeln. So kann das Kind Zahlen beliebiger Größe aufbauen. Auch Zehnerübergänge können so veranschaulicht werden. Zum Beispiel wird bei der Aufgabe 34 minus 8, zunächst die 34 mit 3 Zehnerstangen und 4 Einer Würfeln aufgebaut, anschließend zunächst 4 Einer weggelegt und danach von einer Zehnerstange noch 4 weggenommen. Das Kind erfährt somit visuell, das ein Zehner quasi kaputtgemacht wurde und nur noch 6 Einer davon übrigbleiben.